Artwork Frau mit PopkornArtwork Hühnchen mit Popkorn
Quelle: Odeon Film

„Leo und Claire“

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Vor zwanzig Jahren nutzte Regisseur Joseph Vilsmaier unter großem Medieninteresse den Schwurgerichtssaal 600 als Kulisse für seinen Kinofilm „Leo und Claire“. In dem bewegenden Streifen erzählt Vilsmaier mit einer hochkarätigen Besetzung (Michael Degen, Suzanne von Bosordy, Alexandra Maria Lara, Dietmar Schönherr…) die – wahre – Geschichte des Schuhgroßhändlers Lehmann „Leo“ Katzenberger. 

Dem lebenslustigen Nürnberger jüdischer Abstammung war seine freundschaftliche Beziehung zu der jungen, äußerst attraktiven Fotografin Irene Seiler zum Verhängnis geworden. Katzenberger hatte ihr ein Studio vermietet, was bei der kleinbürgerlichen Nachbarschaft für allerlei Klatsch und Tratsch sorgt. Als die beiden schließlich – zu Unrecht – als Liebespaar denunziert werden, muss sich Katzenberger wegen „Rassenschande“ vor Gericht verantworten. 

Stolpersteine der Familie Katzenberger
Quelle: Freud

Aufarbeitung der Tragödie

Vor seinem Wohnhaus in der Praterstraße 23 erinnert heute ein „Stolperstein“ an den 1887 im unterfränkischen Maßbach geborenen Lehmann „Leo“ Katzenberger, der von 1939 bis 1942 Erster Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg war.

Der ehemalige Landgerichtsdirektor Oswald Rothaug, der den Unrechtsprozess gegen Katzenberger geleitet hatte, wurde nach dem Krieg im Nürnberger Juristenprozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, 1956 allerdings vorzeitig entlassen.

In einem der eklatantesten Fälle von Rechtsbeugung wird Leo Katzenberger in einem Schauprozess vor dem Sondergericht Nürnberg wegen Verstoß gegen die „Volksschädlingsverordnung“ im März 1942 zum Tode verurteilt und am 3. Juni 1942 in München-Stadelheim mit der Guillotine hingerichtet. Irene Seiler wird des Meineids beschuldigt und zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. 

Justizpalast Nürnberg

Das Urteil von Nürnberg

Die Filmaufnahmen zu „Leo und Claire“ hatten seinerzeit den laufenden Gerichtsbetrieb im Nürnberger Justizpalast offenbar so stark beeinträchtigt, dass vier Jahre später eine Drehgenehmigung für das Doku-Drama „Speer und Er“ abgelehnt wurde. Der Schwurgerichtssaal 600, in dem heute keine Verhandlungen mehr stattfinden, musste in den Münchner Bavaria-Studios nachgebaut werden. 

Bereits 1947 hatte der US-Regisseur Stanley Kramer den Saal für sein aufwühlendes Drama „Das Urteil von Nürnberg“ in Hollywood nachbauen lassen. In seinem Streifen über die Nürnberger Juristenprozesse wurde der Fall von Leo Katzenberger erstmals filmisch aufgenommen, wobei die Zeugenaussage von Irene Seiler (gespielt von Judy Garland) einer der dramatischen Höhepunkte des Films ist.

Quelle: Tom Schreiner

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