Artwork Huhn mit BrilleArtwork Regenbogen
Volksbad in Gostenhof
Quelle: Dalibri

Vom Glosschermverddl zum Szenestadtteil

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Gostenhof erlebte in den letzten Jahrzehnten einen rasanten Aufstieg. Mit seinem Mix der unterschiedlichen Kulturen ist Gostenhof aufregend und lebendig. Der Stadtteil setzt eine urbane Dorfmentalität gegen die Anonymität einer Großstadt und doch atmet man hier auch Großstadtluft. Diese Vielfalt, die heute den Reiz des Stadtteils ausmacht, spiegelt sich auch in der wechselhaften Geschichte Gostenhofs wider.

Jahrhundertelang war das im Jahr 1311 erstmals urkundlich erwähnte Straßendorf geprägt von seinen Gärten, von seinen Gaststätten und Gewerbebetrieben sowie von dem Rochusfriedhof. Im Zeitalter der Industrialisierung wurde das 1825 nach Nürnberg eingemeindete Gostenhof dann zu einer Drehscheibe von Handel, Industrie und Verkehr, was man auch heute noch erkennt, wenn man die Fürther Straße entlangfährt. Hier zeigt sich aber auch der jahrzehntelange Niedergang Gostenhofs nach dem 2. Weltkrieg, den erst die in den 80-er Jahren begonnene Stadtteilsanierung umkehrte. Infolge der wenig attraktiven alten Bausubstanz und seiner innerstädtischen Lage ohne größere Grünflächen hatte sich Gostenhof vor der Sanierung zu einem Stadtteil entwickelt, der überwiegend von ärmeren und ausländischen Familien bewohnt wurde.

Dreieinigkeitskirche in Gostenhof
Quelle: Russeiseo

Ein musikalisches Denkmal

Lange Zeit hatte Gostenhof als „Bronx“ oder „Glosschermverddl“ gegolten, dem der Nürnberger Schriftsteller und Liedermacher Günter Stössel mit dem auf seinem Album „Af Nämberch nei“ erschienenem Lied „Dou schdäihd a Haus in Gost’nhuf“ ein liebevolles Denkmal gesetzt hat, von dem ich hier zwei Strophen – mehr schlecht als recht – in Schriftform gebracht habe.

Oh Mudder, oh Mudder,
schau af deine Kinder und bet‘,

dass bloß kanner dem Vadder nachg’rät

damit se‘s net nacherd genausu derdreht

in dem Haus, wo die Sunna a‘fgeiht.

Mit an Baa am Bohnschdeich
mid’n andern scho im Luuch

steh i do und ich wart af an Zuch.

Etz fahr‘ i dann nieber af Gost’nhuf

wenn ich drodenk, hab i etza scho gnou.

Aus der Bronx wird GoHo

Günter Stössels kunstvolle Hommage an den Stadtteil spiegelt auch die Entwicklung Gostenhofs seit Beginn der 80-er Jahre wider. Seither hat sich Gostenhof mit seiner großen Zahl an Kneipen und Restaurants, mit seinen vielfältigen Initiativen, Künstlerwerkstätten, Galerien und Theaterprojekten („Gostner Hofthea-ter“, „Theater Rootslöffel“) nämlich ein zusehends alternativ-künstlerisches Image zugelegt. Dieses Bild Gostenhofs als Szeneviertel schlägt sich auch in vielfältigen Veranstaltungen und in dem neuen –
vom New Yorker Künstlerviertel SoHo entlehnten – Namen „GoHo“ nieder. 

Unter „GoHo“ firmieren auch die Gostenhofer Atelier- und Werkstatttage, die im zweijährigen Rhythmus zu den zentralen Veranstaltungen des bunten und vitalen Stadtteils zählen. Ein weiteres Highlight im Terminkalender Gostenhofs ist – in der Woche nach Pfingsten – die in Eigenregie von der Kirchengemeinde veranstaltete Rock- und Blueskirchweih auf dem Veit-Stoß-Platz. Unverzichtbarer Bestandteil dieser Veranstaltung, in die auch das Stadtteil-Fest eingebunden ist, ist zweifellos die traditionelle Reim-Predigt auf Fränkisch in der Dreieinigkeitskirche.

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