Anne Mäusbacher gegen die Vermüllung der Meere
Die Nürnbergerin Anne Mäusbacher engagiert sich mit ihrer Initiative „beach cleaner“ seit sechs Jahren gegen die Vermüllung der Weltmeere. Wir haben mit der engagierten Umweltaktivistin auch darüber gesprochen, warum die Vermüllung der Meere schon hier bei uns vor der Haustür beginnt und was sie – zusammen mit ihren Mitstreiter*innen – alles tut, um ein Umdenken herbeizuführen.
Sie haben die Initiative „beach cleaner“ vor sechs Jahren gegründet. Was hat damals den Anstoß gegeben? Immerhin leben Sie hier in Nürnberg mindestens 650 Kilometer vom nächsten Meer entfernt.
Zum einen habe ich schon sehr früh eine Liebe zum Meer entwickelt. Ich habe mit Mitte Zwanzig das Tauchen angefangen und habe sehr viel unter Wasser erleben dürfen. Da ist vor allem auch die Ruhe, die man da finden kann, unter Wasser, aber auch über Wasser – das hat mich schon geprägt. Darum findet auch fast jeder Familienurlaub am Wasser statt.
So ist auch das Projekt „beach cleaner“ entstanden. Wir waren am Mittelmeer, auf einer Insel, auf der wir in den Jahren zuvor schon sehr oft waren. Da fiel mir 2015 plötzlich der viele Müll auf, der dort herumlag und ich begann den Müll – von der Zigarettenkippe über Plastikstrohhalme bis hin zu Feuerzeugen – aufzusammeln. Als ich festgestellt habe, dass mich die Leute zwar beobachteten, aber keiner mitgeholfen hat, wollte ich ganz spontan etwas entwickeln, das die Leute dazu bringt diesen Müll, der ja hier ganz offensichtlich herumlag, aufzuheben und mitzunehmen.
Und das war dann für Sie der Auslöser, sich in dieser Richtung zu engagieren?
Ja, da ist wirklich über Nacht die Idee entstanden, etwas zu tun, etwas zu bewegen. Auch der Name ‚beach cleaner‘ stand sofort fest. Letztendlich begann an diesem Tag, es war unser erster Urlaubstag, meine persönliche Reise, zu recherchieren, wo der ganze Müll eigentlich herkommt.
Nachdem ich auf deutschen Internetseiten nur sehr wenig über die Plastikvermüllung im Meer fand, recherchierte ich weiter auf vielen wissenschaftlichen Seiten in den USA und erfuhr dort, dass sich inzwischen regelrechte ‚Plastikkontinente‘ auf den Weltmeeren gebildet hatten, über die damals noch kaum jemand sprach. Heute wissen wir, dass es ungefähr sieben solche ‚Plastikkontinente‘ gibt, von denen einer bereits die Größe von Europa hat.
Das Thema hat sie also nicht mehr losgelassen.
Um tiefer in die Materie einzutauchen, habe ich – immer noch 2015 – einen Online-Studiengang der Universität Maastricht über die Verschmutzung der Meere absolviert. In diesem Studiengang habe ich so viel gelernt, dass ich hinterher dastand und mich gefragt habe: ‚Was mach ich jetzt damit?‘. Da fing ich dann auch mit dem Müllsammeln hier in der Region an, um die Leute auf diese Weise an das Thema heranzuführen – im Marienbergpark, am Pegnitzgrund, an den neuen Stadtstränden am Wöhrder See.
Nach dem Sammeln, das dauert so ein, eineinhalb Stunden, machen wir dann zusammen eine Müllanalyse und sprechen darüber, wie man diesen Müll vermeiden kann. Da beginnt dann bei den Teilnehmern ganz automatisch ein Beschäftigen mit dem Thema.
Der Fokus ist für mich nach wie vor der Meeresschutz, denn alles, was wir hier in der Stadt an Müll produzieren landet […] irgendwann im Meer.
Anne Mäusbacher
Eigentlich ist der Begriff ‚beach cleaner‘ ja dann viel zu eng gefasst. Zum einen reinigen Sie ja nicht nur Strände, zu anderen geht es ja vor allem auch darum, den Müll gar nicht erst entstehen zu lassen.
Der Fokus ist für mich nach wie vor der Meeresschutz, denn alles, was wir hier in der Stadt an Müll produzieren landet über unsere Flüsse, über Pegnitz und Regnitz, letztendlich im Meer. 80 Prozent des Mülls, der in unseren Ozeanen landet, stammt aus den Städten im Inland und entsteht nicht direkt an den Küsten.
Von dort kommt es dann aber auch wieder zu uns zurück. Stichwort ‚Mikroplastik‘, das von Kleinstlebewesen und Fischen aufgenommen wird und letztlich dann bei uns auf dem Teller landet.
Genau, das ist auch der Grund, warum ich keinen Fisch mehr esse – Vegetarier bin ich ohnehin schon länger. Dieses Mikroplastik mit seinen ganzen Weichmachern, das wir auf diesem Weg zu uns nehmen, hat einen großen negativen Einfluss auf unsere Gesundheit. Das trifft natürlich auch auf das Plastik aus den Verpackungen zu, das von diesen in die Lebensmittel übergeht. Diesen Gesundheitsaspekt versuche ich auch in meinen Vorträgen zu beleuchten.
Diesen Aspekt haben Sie aber auch in Ihren Alltag aufgenommen.
Ja, ich fing zunächst damit an, auch hier bei uns die Küche plastikfrei zu machen, ein Jahr später das Bad. Wir haben alles nur noch aus Holz und Glas, wir kaufen unverpackt ein oder holen uns das Gemüse hier bei uns vor der Haustür im Knoblauchsland.
Wir kommen aber auch generell mit weniger aus und machen unsere Reinigungsmittel und Kosmetika selbst. Auf diese Weise, nur dadurch, dass wir uns jetzt anders verhalten als früher, konnten wir unseren Hausmüll um 90 Prozent reduzieren. Diese Haltung versuchen wir auch weiterzugeben. Denn es macht Spaß und ist ungemein befreiend.
Auf der Homepage der Beachcleaner gibt es eine Vielzahl an Informationen zur Initiative und allgemein zum Thema. Hier gibt es auch Infos zu dem Aufklärungprogramm „Kids for the Ocean“, zu dem Anne Mäusbachers gleichnamiges Buch erschienen ist.
Sie haben jetzt schon Ihre Vorträge erwähnt. Was unternehmen Sie sonst noch, um möglichst viele Leute zu erreichen?
Ich habe ein Buch geschrieben, das die Grundlage unseres Bildungsprogrammes ist. Das wird vielfach in Schulen eingesetzt, ist aber auch ein tolles Geschenk, das Kinder an das Thema heranführt. In diesem Buch habe ich vieles von dem zusammengefasst, was ich im Rahmen meines Studiums und meiner Recherchen entdeckt habe. Ein Jahr lang habe ich– neben meinem ‚nomalen‘ Job – jeden Abend von neun Uhr bis zwölf, ein Uhr nachts geschrieben, bis es fertig war.
Die Clean Ups, die Vorträge, das Schreiben des Buchs – das nimmt jede Menge Zeit in Anspruch. Wie bekommen Sie das mit Ihrem Beruf unter einen Hut?
Da braucht man wirklich ein gutes Zeitmanagement. Ich stehe früh auf und mache um 6.00 Uhr erst einmal Yoga. Um 6.30 Uhr checke ich dann meine ersten Emails und schaue in meine Social-Media-Kanäle. Von 8.00 bis 18.00 Uhr sitze ich dann an meinem normalen Job – ich arbeite im internationalen Marketing einer großen Firma – und dann essen wir zusammen Abendbrot, ehe ich dann wieder am Rechner sitze oder einen Vortrag halte.
RE:NUE – das Bürger*innen Institut für Bildung, Beratung und Begleitung, ist ein Projekt, das die beach cleaner zusammen mit anderen Umweltaktivisten betreiben, um die Stadt auf dem langen Weg zur „Zero-Waste-City“ zu begleiten.
Noch eine letzte Frage: Können Sie eigentlich noch ganz entspannt an einen Strand gehen und vielleicht bei einem Glas Wein aufs Meer hinausschauen, ohne an den ganzen Müll zu denken, der da draußen herumschwimmt?
Oh ja, das kann ich. Mir geben der Ozean und der Strand ganz viel zurück. Ich würde auch gerne am Meer leben und dann vor Ort die Projekte umsetzen. Da arbeite ich darauf hin, aber ich habe noch keine konkrete Idee, wo das dann sein könnte.
Vielen Dank!