Artwork TomatenArtwork Kartoffel
Tomaten im Korb
Quelle: Tomas Dohnal

Generationen übergreifende Landwirtschaft

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Das Knoblauchsland ist eine einzigartige Agrarlandschaft, die im Herzen eines Ballungsraums mit mehr als einer Million Einwohnern liegt. Was bedeutet es eigentlich, hier zu leben, hier seinem Beruf, seiner Berufung nachzugehen.

Familie Rottner aus dem Knoblauchsland

Das wollten wir wissen und so haben wir uns mit Thomas und Michaela Rottner getroffen. Die Beiden, die vor wenigen Wochen Eltern der kleinen Leni geworden sind, führen in vierter Generation einen landwirtschaftlichen Betrieb in Lohe.

Quelle: Stadtmagazin

Herr Rottner, sie sind hier geboren und aufgewachsen. Was bedeutet das Knoblauchsland für sie?

Das Knoblauchsland inmitten des Städtedreiecks Nürnberg-Fürth-Erlangen ist schon etwas ganz Besonderes. Ich setz‘ mich hier auf mein Fahrrad und bin in zehn Minuten an der Burg, in fünf Minuten bin ich aber auch am Flughafen und kann in die U-Bahn einsteigen.

Gleichzeitig ist es hier aber auch noch sehr dörflich. Jedes Dorf hat seine eigene Kärwa und seine eigenen Bräuche. Das ist schon sehr besonders.

Gibt es hier in Lohe eigentlich noch die traditionellen Strukturen mit Wirtshaus und Vereinen?

Ganz früher gab es hier in Lohe noch zwei Wirtshäuser, mittlerweile leider keines mehr. Bis vor ein paar Jahren hatten wir in Almoshof bei Antonietta einen Anlaufpunkt, wo dann auch unser Gesangsverein proben konnte. Doch auch dieser Gasthof steht inzwischen leer.

Was Vereine angeht: Wir haben hier einen guten und mitgliederstarken Gesangsverein, der auch das Dorfleben mitgestaltet – mit Weihnachtsfeier, Sommerfest und weiteren Auftritten zum Beispiel bei Geburtstagen. Dann gibt es noch die Kärwaboum und die Feuerwehr, die nur noch passiv ist und sich eigentlich darauf beschränkt, einmal im Jahr ein Schlachtfest zu veranstalten.

Knoblauch Knolle

Über das Knoblauchsland

Die Region ist eine der größten zusammenhängenden Gemüseanbaugebiete in Deutschland. Ausgrabungen können Siedlungen und Landwirtschaft bis ins 8. Jahrhundert nachweisen. Die ersten Siedlungen waren Großgründlach, Eltersdorf und Königsmühle, die vom Königshof Aurach angelegt wurden, sowie Wetzendorf, Schniegling, Braunsbach, Poppenreuth, Boxdorf, Mannhof und Steinach, die durch Rodungen des Königshofs Fürth entstanden.

Für kurze Zeit stand das Knoblauchsland nicht unter der Herrschaft der lokalen Königen und Grafen. Im Jahr 1796 geriet die Region in preußische Verwaltung. Ungefähr 10 Jahre später übernahm das neu gegründete Königreich Bayern die Verwaltung.

Wir wirkt sich so eine Wirtshaus-Schließung aufs Dorfleben aus? Der Gesangsverein hat ja jetzt beispielsweise keinen Probenraum mehr.

Antonietta hat eine neue Gaststätte in Wetzendorf übernommen, so dass wir dann auch mit unserem Gesangsverein umgezogen sind. Nach zwei, drei Proben ist uns dann aber Corona dazwischengekommen.

Jetzt gibt es schon die Überlegung, hier in Lohe mit Hilfe der Dorfgemeinschaft etwas Neues aufzuziehen. So eine Art kleines Gemeindezentrum, wo der Gesangsverein proben kann, wo aber auch der eine oder andere seinen Geburtstag feiern kann.

Es gibt hier die Alteingesessenen, die schon seit Generationen Landwirtschaft im Knoblauchsland betreiben. Gibt es eigentlich auch Familien, die hierherziehen und zum Beispiel in der Stadt arbeiten?

Gerade in Dörfern wie Großgründlach, Neunhof oder Boxdorf ist in den vergangenen Jahren massiv gebaut worden. Dort sind schon viele Neubürger zugezogen. Bei uns in Lohe ist das durch die Lage zwischen dem Flughafen und der Marienbergstraße schon schwieriger, neue Wohngebiete auszuweisen.

Im Mittelpunkt steht aber schon die Landwirtschaft?

Hier im Knoblauchsland ist die Dichte an landwirtschaftlichen Betrieben sehr hoch. Wir haben allein in Lohe, und Lohe ist jetzt wirklich ein kleines Dorf, neun Vollerwerbsbetriebe. Im Vergleich zu anderen Anbaugebieten in Deutschland ist das sehr viel.

Michaela: Bemerkenswert ist aber auch, dass es hier sehr viele junge Bauern gibt.

Quelle: Stadtmagazin

Es gibt also keine Nachwuchssorgen?

Die gibt es in der Regel nicht. In der breiten Masse machen die Jungen da weiter, wo die früheren Generationen angefangen haben. Darüber hinaus fördert die große Dichte an Betrieben – wir sind alle Kumpels und arbeiten gut zusammen – auch den Konkurrenzkampf und sorgt für eine ungeheure Dynamik hier im Knoblauchsland.

Michaela: Arbeit hat hier – auch für die Jungen – einen sehr hohen Stellenwert. Anfangs war es für mich schon schwierig, einen Partner zu haben, der abends um neun Uhr beim Fernsehen einschläft, weil er früh wieder raus muss. Oder dass dann auch im Urlaub immer wieder das Telefon klingelt.

Apropos Urlaub. Urlaub und Landwirtschaft – geht das zusammen?

Das geht schon. In den letzten Jahren, Jahrzehnten hat sich das Aufgabenfeld verschoben. Ich steh heute nur noch selten Im Gewächshaus und mach eine Arbeit im Sinn einer gärtnerischen Tätigkeit. Heute ist meine Arbeit überwiegend Büroarbeit. Von daher ist es einfacher, wenn man mal für fünf Tage wegfahren möchte – vor allem im Winter.

Michaela: Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass viele hier im Knoblauchsland sehr gut Skifahren können. Im Sommer hatte man traditionell keine Zeit zum Urlaub machen, also musste man auf den Winter ausweichen. Und was wollte man im Winter anderes machen, als zum Skifahren in die Berge zu fahren. Fernreisen waren damals noch nicht an der Tagesordnung.

Kommt ihre Frau ebenfalls aus der Landwirtschaft?

Michaela: Nein, überhaupt nicht. Ich bin Realschullehrerin und komme aus Forchheim. Nürnberg kannte ich eigentlich nur vom Shoppen her. Als ich hierhergezogen bin, fand ich es besonders gut, dass man hier so nah an der Stadt ist und gleichzeitig auch auf dem Land. Und wenn ich mal nach Forchheim möchte, bin ich auch ganz schnell auf der Autobahn.

Vielen Dank für das Interview!

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