Mein ‚Herr im Frack‘
Museumsleiterin Jana Stadlbauer präsentiert uns ihr Lieblingsausstellungsstück und erklärt, wie es zu einen doch recht seltsamen Spitznamen kam.
„Radio gibt es in Deutschland seit 1923. Am Anfang handelt es sich bei den Radiogeräten vor allem um Bastlergeräte, die man sich selbst zusammenbauen muss. Erst als der Rundfunk dann weitere Verbreitung findet und die technischen Bedingungen nicht mehr so kompliziert sind, setzt sich das Radio, so wie wir es kennen, Mitte der 30-er Jahre dann auch in den ‚guten Stuben‘ durch – zunächst im Hochformat, in der sogenannten ‚Pagodenform‘ und erst später dann im Querformat, das sich bis heute durchsetzen sollte.
Bei meinem Lieblingsobjekt handelt es sich um so ein hochformatiges Radio der Firma ‚Siemens‘ aus den 30-er Jahren. Es kam damals unter dem technischen Namen ‚Radio Schatulle 53WL‘ auf den Markt. Wesentlich spannender finde ich allerdings den Spitznamen, den das Gerät bekam: der ‚Herr im Frack‘.
Dieser Name leitet sich von seinem Aussehen ab. Das Radiogerät trägt nämlich – wenn man etwas Phantasie hat – einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd. Obwohl Siemens sehr viel in Werbemaßnehmen investierte und obwohl das Gerät technisch sehr gut war, erwies sich der ‚Herr im Frack‘ wirtschaftlich als absoluter Flop.
Über das Museum
Das im Oktober 1993 im Marstall, einem Nebengebäude des Burgfarrnbacher Schlosses, gegründete Rundfunkmuseum Fürth empfängt seine Besucher seit mittlerweile zwanzig Jahren an einem (rundfunk-)historisch bedeutenden Ort: im Direktionsgebäude des Elektronikkonzerns Grundig in der „Uferstadt“ unweit der Stadtgrenze zu Nürnberg. Dort wird anhand unzähliger Ausstellungsstücke die Entwicklung des Rundfunks von seinen Anfängen bis zur Gegenwart dokumentiert.
In den 30-er Jahren hatte sich das Radio, also das hochwertige Radio, das man sich in die ‚gute Stube‘ gestellt hat, mehr und mehr zu einem Einrichtungsgegenstand entwickelt. Entsprechend wichtig war deshalb auch das Design, das letztendlich zur restlichen Einrichtung passen musste. Das könnte neben dem hohen Preis von 300 Reichsmark ein weiterer Grund sein, warum der aus Bakelit, einem frühen Kunststoff, gefertigte ‚Herr im Frack‘ so gefloppt ist. Möglicherweise hat dieses schon ein bisschen avantgardistische Design einfach nicht zur restlichen Wohnungseinrichtung gepasst.“