Artwork Hühnchen mit KopfhörerArtwork Sprechblase
Frank Dillmann sitzt an der Orgel der Nürnberger Frauenkirche
Quelle: Stadtmagazin

Die Königin der Instrumente

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Die Orgel wird wegen ihres prächtigen Äußeren und ihres gewaltigen Klanges oft als „Königin der Instrumente“ bezeichnet. 2021 wurde sie nun auch zum „Instrument des Jahres“ gekürt. Wir haben dies und den Umstand, dass die Orgel gerade auch jetzt in den Gottesdiensten der bevorstehenden Advents- und Weihnachtszeit eine wichtige Rolle spielt, zum Anlass genommen und uns mit Frank Dillmann, dem Kantor der Nürnberger Frauenkirche getroffen um mit ihm über „sein“ Instrument zu sprechen.

Über Frank Dillmann

geboren 1966 in Dernbach im Westerwald

Studium der Kirchenmusik in Regensburg und München sowie ein Orgel-Aufbaustudium an der Musikhochschule in Freiburg/Breisgau 

Meisterkurse bei Daniel Roth, Gerhard Weinberger, Peter Planyavsky, Lorenzo Ghielmi, Eric Ericson u.a. 

von 1996 bis 1998 Kantor der St. Antonius-Kirche im westfälischen Herten

seit Januar 1999 Kantor der Nürnberger Frauenkirche und Leiter der Kirchenmusikausbildung inder Erzdiözese Bamberg

Frank Dillmann an der Orgel der Frauenkirche
Quelle: Stadtmagazin

Können Sie uns zunächst etwas über die Orgel hier in der Frauenkirche erzählen? 

Die Orgel, so wie sie jetzt hier steht, wie man sie sieht und hört, stammt aus dem Jahr 1988 und basiert auf der Vorgängerorgel von 1958. Das war damals die erste Nachkriegsorgel, nachdem die Frauenkirche – wie die übrigen Innenstadtkirchen – im Krieg weitgehend zerstört worden war. Die Orgel von 1958 war eine sogenannte „Schwalbennest-Orgel“, bei der das Pfeifenwerk hier an der Ostwand hing, während der Spieltisch 15 Meter entfernt, oben im Michaelschor, stand. Das war musikalisch eher unbefriedigend, da der Organist immer eine gewisse Zeitverzögerung hatte, bis der angesprochene Ton dann erklang.

Pfeifen aus Holz und Metall

Das ist bei der neuen Orgel jetzt anders?

Ja, bei unserer neuen Orgel ist die Spielanlage wieder direkt hier beim Pfeifenwerk. Sie verfügt jetzt auch wieder über eine ‚mechanische Tontraktur‘, bei der jede Taste der Klaviatur über verschiedene mechanische Elemente (Abstrakten, Winkelelemente, Wippen und Wellen) mit dem zugehörigen Tonventil verbunden ist, das dann dafür sorgt, dass – mit Unterstützung der Windlade – die entsprechende Pfeife ertönt. 

Quelle: Stadtmagazin

Welche Möglichkeit haben Sie sonst noch, den Klang der Orgel zu beeinflussen?

Mit Hilfe der Registertraktur, kann ich als Organist zusätzlich entscheiden, welche Klangfarbe ich möchte. Unsere Orgel verfügt über 42 Register, die einzeln oder auch in Gruppen abgerufen werden können – Prinzipal zum Beispiel ist eines der Hauptregister in der Orgel und klingt sehr kräftig. Wenn ich einen eher flötigen Klang haben will, muss ich die Doppelflöte ziehen, möchte ich einen streichenden Klang haben, ziehe ich das Gemshorn. 

Mit Hilfe der Jalousietüren, die hier an der Vorderseite angebracht sind, habe ich dann noch die Möglichkeit, die Klanglautstärke zu beeinflussen.

Die mächtige Orgel der Nürnberger Frauenkirche
Quelle: Stadtmagazin

Das ist hier eine eher neue Orgel. Seit wann stehen in der Frauenkirche bereits Orgeln?

Die erste Orgel stand hier bereits im 14. Jahrhundert, kurz nachdem die Kirche geweiht worden war. Seither gibt es eine ununterbrochene Folge von Orgelneubauten, die oft in kurzen Abständen vorgenommen wurden. Daraus kann man schon ersehen, dass Nürnberg damals sehr wohlhabend war. Das Nürnberger Bürgertum hatte Geld und hat es auch investiert – in die Bauwerke, in die Kirchen, in Altäre, in aufwändig gestaltete, bunte Fenster, in prachtvolle Kunstgegenstände und eben auch in die Instrumente. Da hat man tatsächlich geschaut, dass man immer das Neueste vom Neuen hatte.

Aber diese Orgeln existieren nicht mehr?

Nein. Auch die große Orgel, die hier stand, als die Frauenkirche von der evangelischen Kirche abgekauft wurde, um hier wieder eine katholische Pfarrei zu installieren, ist verschwunden. Das evangelische Dekanat hatte vor der Übergabe alles herausgeräumt, was es hier an Kunstgegenständen gab. Einzig eine wunderschöne, kleinere Orgel, die auf der Nordseite stand, existiert noch – allerdings nicht mehr hier in Nürnberg, sondern im Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig. Diese 1610 geschaffene Orgel ist damit die älteste noch existierende Nürnberger Orgel.

Die älteste erhaltene Nürnberger Orgel steht heute im Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig

Worin unterscheiden sich eigentlich die Orgeln in den unterschiedlichen Kirchen?

Jede Orgel wird als Unikum für einen ganz bestimmten Kirchenraum oder Konzert-
saal geplant und konstruiert, damit sie den Raum nicht ‚erdrückt‘ oder anderseits zu leise ist. Das ist die Kunst des Orgelbauers – bereits in der Planungsphase, dann aber auch am Ende bei der Intonation, bei der Abstimmung der Orgel auf den Raum. 

Wenn jetzt jemand Lust bekommen hat, diese Orgel hier zu hören – wann hat er oder sie außerhalb der Gottesdienste Gelegenheit dazu?

Um die Mittagszeit, wenn viele Menschen hier um zwölf Uhr das Männleinlaufen anschauen, bieten wir an den Adventssamstagen um Viertel nach Zwölf kurze, halbstündige Orgelmusiken, mit denen sich die Besucher dann auch auf den Advent und die Weihnachtszeit einstimmen können.

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