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Zwischen Bühne und Wohnungsflur

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Es gibt die unterschiedlichsten Wege, auf die Theaterbühne zu kommen. Dies spiegelt sich auch im Werdegang von Sunna und Boris wider, die seit Jahren zum Ensemble des Fürther Stadttheaters gehören und auch privat ein Paar sind. Während Sunna den (Um-)Weg über ein Studium der Medien- und Kommunikationswirtschaft wählte, kam Boris – wie er selbst sagt – über den Klassenclown-Weg zur Schauspielerei. Bei einer Vorstellung der Oberstufen-Theatergruppe hatte er sich dann einmal zu viel danebenbenommen, woraufhin er aus disziplinarischen Gründen seine Theatergruppe verlassen musste. Noch am gleichen Tag wurde Boris von Johannes Beissel in den Jugendclub des Fürther Stadttheaters aufgenommen und entdeckte dort eine neue, „ernsthaftere Liebe zum Theater“.

Wir haben mit den beiden über ihr Leben zwischen Bühne, Filmset und Wohnungsflur gesprochen.

Über die Künstler

In Augsburg geboren, kam Sunna Hettinger zur Spielzeit 2016/17 ans Fürther Stadttheater in Fürth. Im gleichen Jahr hatte sie ihr Schauspielstudium in Berlin abgeschlossen. 

Am Stadttheater traf sie dann auf den im russischen Kamyschin geborenen und in Fürth aufgewachsenen Boris Keil, mit dem sie inzwischen nicht nur beruflich, sondern auch privat verbunden ist – auch durch eine gemeinsame Tochter, die in diesem Jahr geboren wurde.

Neben ihrem Bühnenengagement stehen beide auch in diversenen Film- und Fernsehproduktionen vor der Kamera.

Ihr seid auf unterschiedlichen Wegen ins Ensemble des Fürther Stadttheaters gekommen. Wie habt ihr euch denn da kennengelernt?

Sunna: Ich war schon ein Jahr im Ensemble als Boris dazu kam. Gekannt habe ich ihn aber schon länger, da er immer wieder als Gast am Haus war. Unser erstes gemeinsames Stück war ,Die Jüdin von Toledo‘, mein allererstes Stück am Stadttheater Fürth.

Boris: Ich hatte schon bei der ,Jüdin von Toledo‘ ein Auge auf sie geworfen. Aber es dauerte noch eine ganze Weile, bis wir zusammengefunden haben.

Sunna Hettinger

Kann man Privates und Berufliches wirklich so gut voneinander trennen?

Sunna: Ja, das geht! Wenn wir morgens gemeinsam zur Probe gehen, verabschieden wir uns vor dem Theater und dann gibt es auch keine privaten Momente mehr, dann sind wir Arbeitskollegen. Wir hörten von KollegInnen schon oft Sätze wie ‚Ach, ihr seid ein Paar, das merkt man gar nicht!‘

Boris: In Bezug auf die Rollenarbeit ist die Kommunikation das A und O. Wir hatten vorletztes Jahr eine Stückentwicklung und dann plötzlich daheim einen Konflikt, den eigentlich unsere Bühnenfiguren miteinander hatten und nicht wir privat. Nach einer Diskussion im Wohnungsflur haben wir dann schnell gemerkt, dass wir etwas von der Improvisation der Probe mit nach Hause genommen haben.

Quelle: Thomas Langer

Wie schaut es mit Neid aus? Gönnt ihr euch gegenseitig den Erfolg als Schauspieler/Schauspielerin?

Sunna: Ich freue mich immer für Boris, wenn er mit einem Stück/einer Rolle Erfolg hat. Aber natürlich kann da auch mal Frust aufkommen, wenn es bei mir gerade nicht so läuft. 

Boris: Manchmal können schon Spannungen auftreten, zum Beispiel bei E-Castings für Fernsehproduktionen, bei denen wir uns gegenseitig zu Hause mit der Kamera aufnehmen. Dadurch dass wir uns sehr nahe stehen, reagieren wir manchmal sehr emotional auf Kritik des anderen. Da schafft man es dann nicht so gut, professionell zu bleiben.

Sunna: Dass wir beide SchauspielerInnen sind, kann aber auch ein Vorteil sein. So inspiriert es mich, wenn ich sehe, wie Boris an einer Rolle gewachsen ist. 

Boris: Gleichzeitig motiviert es mich total, wenn Sunna ein Casting hereinbekommen hat und ich nicht, dass ich dann doch noch ein paar Caster anschreibe.

Sunna Hettinger und Boris Keil auf dem Sofa
Quelle: Tom Schreiner

Ihr könnt euch also auch gegenseitig motivieren…

Boris: Sicher! Dabei kommt uns entgegen, dass wir ganz unterschiedliche Schauspieler sind. Sunna arbeitet sehr präzise und ist sehr fleißig. Ich bin eher der intuitive Typ. Sunna kann zum Beispiel Vorgänge sehr gut wiederholen. Durch unser Zusammensein bin ich gründlicher und fokussierter geworden.

Sunna: Fleiß ist schön und gut. Aber manchmal muss man auf der Bühne einfach loslassen und machen – und da inspiriert mich Boris’ intuitives Herangehen sehr.

Boris: Es ist ein großes Glück, dass wir so gut miteinander arbeiten und aneinander wachsen können.

Sunna und Boris in den Känguru-Chroniken
Quelle: Thomas Langer

Ihr gehört hier in Fürth zum festen Ensemble. Habt ihr sonst noch andere Projekte?

Sunna: Letztes Jahr habe ich zusammen mit Lukas Miller einen sehr schönen Imagefilm für das Tourismusamt der Stadt Fürth gedreht. Außerdem habe ich immer wieder kleine Synchronjobs in Nürnberg, zuletzt war es ein Kinderfilm für die Kinobilder Medien GmbH.

Boris: Wir haben gerade mit Christian Kern „Herbstblut“ gedreht. Außerdem habe ich an drei Hörspielen mitgearbeitet: ,Arzu‘ von Sirius Kestel, ,Der kleine Major Tom‘ für den Tessloff Verlag und ,Rocket Man‘ von Gerald Arp.

Boris Keil

Wie unterscheidet sich eigentlich die schauspielerische Arbeit im Theater und Film? Was macht ihr lieber?

Sunna: Ich mache beides gleich gern und finde vor allem die Abwechslung zwischen Theaterspielen und Filmdrehs wahnsinnig reizvoll. Die Herausforderungen sind im Theater und am Set total unterschiedlich. Im Film ist die Wiederholbarkeit wichtig, das heißt eine Szene möglichst gleich häufig hintereinander spielen zu können. Genau zu wissen, wann man beispielsweise die Kaffeetasse abgestellt hat. Oft spielt man im Film die Geschichte nicht chronologisch, sondern dreht den Schluss vor dem Anfang. Am Theater spielst du eine Entwicklung und kannst dich im Laufe des Stücks hin zum Höhepunkt spielen. 

Boris: Aber auch stimmlich sind die Herausforderungen ganz anders. Im großen Theatersaal sendest du bis in die letzte Reihe. Im Film ist das Spiel feiner und du kannst auch mal nuscheln. Ich spiele sehr gerne Theater wegen der Interaktion mit dem Live-Publikum. Aber als Familienvater bin ich auf die größere Gage beim Film angewiesen.

Quelle: Thomas Langer

Ihr habt seit diesem Jahr eine Tochter. Das bedeutet ja auch, dass der/die Eine sich um das Kind kümmern muss, wenn der/die Andere gerade ein Engagement hat.

Sunna: Es ist sehr schön, dass wir in einer Zeit leben, in der es ganz normal ist, wenn auch der Vater in Elternzeit geht. Es wird sicher nicht immer leicht sein, jeden Job mit Familie unter einen Hut zu kriegen, aber wir haben ein wunderbares familiäres Umfeld, das uns hierbei unterstützt.

Boris: Ich möchte genauso zu Hause bleiben und Zeit mit meiner Tochter verbringen wie Sunna. Glücklicherweise ist das Stadttheater Fürth ein sehr familienfreundlicher Arbeitgeber. Wir stehen in engem Austausch mit der Theaterleitung und werden uns in der nächsten Zeit einfach abwechseln.

Danke für das sehr schöne Gespräch und viel Glück und Erfolg für euch als Familie, aber auch für eure künstlerische Laufbahn.

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